Neurologische Erkrankungen gehen häufig mit begleitenden psychischen Störungen einher – mit kriteriologisch grundsätzlich gut fassbaren, aber auch mit verdeckten, im somatischen Krankheitsgeschehen verborgenen. Dazu gehören Störungen wie etwa Fatigue und Schmerz, aber auch solche, bei denen das psychische Leid in Form einer Mimikry in dezidiert rein neurologisch imponierenden Funktionsbeeinträchtigungen zum Ausdruck kommt.
Auch wenn sich das in den letzten Jahren erfreulicherweise zu ändern beginnt, bleiben solche Störungen jedenfalls leicht unerkannt. Oder sie werden nicht beachtet und nicht angemessen behandelt. Dieser Mangel wiegt um so schwerer, als unbehandelte psychische Störungen über ihre eigene Krankheitslast hinaus den Verlauf und das Ergebnis der Behandlung der neurologischen Erkrankung wesentlich negativ beeinflussen können. Und er erscheint sachlich umso fragwürdiger als allein schon das ZNS als in sich selbst biopsychosozial organisiertes und an der Schnittstelle von Körper, Person und Umwelt alles Psychische mitgestaltende Organ die Notwendigkeit einer Mit-Berücksichtigung psychosozialer Aspekte nahelegt - nicht zuletzt auch aus neurobiologischer Perspektive. Allein schon die den klinischen Alltag prägende inhaltliche, strukturelle und organisatorische Trennung des Gesundheitswesens in eine Medizin für den Körper und eine Medizin für die Seele (Thure von Uexküll) steht freilich dem angezeigten integrativen Vorgehen nachhaltig als Hindernis im Wege.
Aufbauend auf einem Überblick über die epidemiologischen Daten und auf einer Darstellung der typischen klinischen Bilder wird ein pragmatisches klinisches Versorgungsmodell vorgestellt, das die Einseitigkeit des weiterhin verbreiteten „Entweder-oder“ in ein differenziertes „Sowohl-als-auch“ überführt. Und sowohl fachspezifisch wie team-übergreifend ein klinisches Verstehen und Vorgehen erlaubt, das neurologische und psychiatrisch-psychosomatische, funktions- und komplementärtherapeutische, neuropsychologische und psychotherapeutische Beurteilungen und Maßnahmen in eine integrative, interdisziplinär in sich stimmige Intervention zu bündeln vermag. Illustriert durch – gemeinsam analysierte – Videopräsentationen klinischer Fälle werden in diesem Kurs praxisnah und interaktiv, unter Berücksichtigung der Erfordernisse und Ressourcen der je beteiligten Berufsgruppen, Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die Teilnehmer:Innen den Weg zu einer zugleich integrierten und fachspezifisch differenzierten Diagnostik und Therapie im eigenen klinischen Alltag eröffnen.
Eine Vorstellung eigener (Problem-)Fälle von Seiten der Teilnehmer:innen, die gemeinsam bearbeitet werden, ist grundsätzlich möglich. Eine Vor-Information erleichtert die Integration in die Kurs-Inhalte.