Robotik-assistiertes Training

Forschungsprojekt

Robotik-assistiertes Training

In der Neurorehabilitation geht seit Jahren der Trend hin zu einem verstärkten Einsatz von (elektro-)mechanischen Geräten sowohl für die Behandlung von Funktionseinschränkungen der oberen als auch der unteren Extremität. Diese Geräte sind meist gekoppelt mit PCs und bieten die Möglichkeit, durch den Einsatz von PC-Spielen das Training abwechslungsreicher, z. T. auch „wettkampfartiger“ zu gestalten.

In den Kliniken Schmieder Allensbach wurden bislang zwei Studien durchgeführt, die den Einsatz eines Exoskeletts für die obere Extremität beinhalteten. Es wurde der Armeo®Spring (Firma Hocoma, Schweiz) verwendet. Dieses Gerät besteht aus einer Art Schiene, in welcher der Arm gelagert wird und die Bewegungen in allen Gelenken erlaubt. Das aktive Bewegungsausmaß („range of motion“) wird innerhalb des Gerätes gemessen. Die Kopplung mit einem PC erlaubt den Einsatz unterschiedlichster Spiele, in denen Patient:innen konkrete Aufgaben am Bildschirm bewältigen muss. Das zuvor individuell bestimmte Bewegungsausmaß gestattet eine präzise Anpassung der Spiele an die aktuellen Fähigkeiten der Patient:innen.

In der ersten Studie ging es um die Frage, ob der Einsatz des Armeo®Spring außerhalb des üblichen Therapietages im Sinne eines Eigentrainings für mittelschwer betroffene Schlaganfall-Patient:innen machbar ist und ob sich Hinweise für einen zusätzlichen Nutzen ergeben. Hierzu wurden 10 Schlaganfall-Patient:innen, die sich in stationärer Rehabilitation befanden, in die Studie eingeschlossen. Den Patient:innen wurden über einen Zeitraum von 4 Wochen maximal 24 zusätzliche Trainingstermine angeboten. Die Patient:innen konnten frei entscheiden, wie viele Termine sie wahrnehmen wollten. Vor Beginn der Behandlungsphasen und nach deren Abschluss wurden motorische Tests zur Erfassung der Fähigkeiten des betroffenen Armes gemacht. Eventuelle Nebenwirkungen und mögliche Probleme der Handhabung wurden regelmäßig besprochen.

Die Patient:innen wurden hinterher gebeten zu beurteilen, wie gut sie das Gerät und die Effektivität der Behandlung einschätzten. Ein Patient musste aus der Analyse ausgeschlossen werden, da er es nur wenige Male schaffte, den Raum, in dem der Armeo®Spring stand, aus eigener Kraft zu erreichen. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie waren, dass keine Nebenwirkungen auftraten und die Patient:innen das Training mit dem Armeo®Spring als motivierend und angenehm empfanden. Im Durchschnitt wurden 55 % der angebotenen Termine auch tatsächlich genutzt. Dies kann so gedeutet werden, dass der „übliche“ Therapietag oftmals bereits so anstrengend ist, dass wenig Kraft für ein abendliches Eigentraining bleibt. Es zeigte sich eine positive Korrelation zwischen der Anzahl wahrgenommener Termine und dem Ausmaß der Verbesserung der Armfunktion. Fleißig Trainierende zeigten also eine stärkere Verbesserung. Diese Studie wurde bereits in einer Fachzeitschrift veröffentlicht (Büsching et al., 2018).

In der zweiten Studie ging es um die Frage, ob es eine Dosis-Wirkungs-Beziehung der Robotik-assistierten Therapie in der motorischen Arm-Rehabilitation nach Schlaganfall gibt. Diese Studie ist noch nicht vollständig abgeschlossen, aber die wichtigsten Ergebnisse sind bereits offensichtlich. Bislang wurden 27 von 30 geplanten Patient:innen eingeschlossen und ausgewertet. Es gab 2 Behandlungsgruppen: In der sogenannten Interventionsgruppe wurden häufige Übungen mit dem ArmeoSpring durchgeführt (5 x 45 Minuten pro Woche über einen Zeitraum von 3 Wochen, 2 Wochen später erfolgte eine Verlaufsbeobachtung. In der Kontrollgruppe erhielten die Patient:innen lediglich 2 x 30 Minuten Armeo®Spring-Training pro Woche. Vor und nach der Therapiephase sowie nach Abschluss der Nachbeobachtungsphase wurden motorische Tests und elektrophysiologische Untersuchungen durchgeführt.
Letzte beinhalteten Untersuchungen mittels Transkranieller Magnetstimulation, um therapie-assoziierte Erregbarkeitsveränderungen im Gehirn zu erfassen. Darüber hinaus wurde vor und nach der Therapiephase eine funktionelle Kernspintomographie durchgeführt, die zeigen sollte, ob es therapieinduzierte Veränderungen in Gehirnnetzwerken gibt. Die Auswertung der Kernspintomographien ist noch nicht abgeschlossen. Entgegen der ursprünglichen Erwartung zeigten beide Patientengruppen das gleiche Ausmaß an Funktionsverbesserung der oberen Extremität. Auch die Magnetstimulations-Untersuchungen wiesen keinen Unterschied zwischen den Gruppen auf. Somit konnte das intensivierte Armeo®Spring-Training keine zusätzliche Verbesserung bewirken. Als Nebenergebnis zeigte sich, dass Patient:innen mit einem Fugl-Meyer-Skalen-Wert zwischen 10 und 30 Punkten, was einer mittelschweren Funktionsbeeinträchtigung entspricht, die stärksten Verbesserungen aufwiesen.

Für diese Studie wurde Frau Dr. Aida Sehle als Erstautorin auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation 2018 mit einem Preis ausgezeichnet.

Literatur

Büsching I, Sehle A, Stürner J, Liepert J. Using an upper extremity exoskeleton for semi-autonomous exercise during inpatient neurological Rehabilitation - a pilot study. J Neuroeng Rehabil. 2018 Aug 2;15(1):72.

Autor

Prof. Dr. med. Joachim Liepert
Ärztlicher Leiter Neurorehabilitation
Kliniken Schmieder Allensbach

Stiftung-Schmieder-Preis