»Was ich rate? Nie aufgeben!«

Patienten berichten

FAMILIE UND FREUNDE GEBEN BERND ROSSMANITH KRAFT

»Dadurch habe ich viel über mich und andere gelernt«

Guillain-Barré-Syndrom:

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist ein akut auftretendes, neurologisches Erkrankungsbild, bei dem es zu entzündlichen Veränderungen des peripheren Nervensystems kommt. Die genaue Ursache ist unbekannt. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten. Die entzündliche und rasch auftretende Erkrankung mit langer Rekonvaleszenzphase hat eine relativ gute Prognose; bei einem Fünftel bleiben Funktionsausfälle zurück.

Es war im Frühjahr 2016, als Bernd Rossmanith immer häufiger Schmerzen im Lendenbereich bemerkte. Zunächst versuchte er, mit Sport entgegenzusteuern. Ein orthopädisches Leiden wurde ausgeschlossen. Als ihn über Nacht die unerträglichen Schmerzen nicht mehr schlafen lassen, wird er ins Krankenhaus gebracht. Dann die Diagnose: Guillain-Barré-Syndrom. Zu diesem Zeitpunkt konnte er aufgrund der seltenen Erkrankung bereits nicht mehr gehen. Auch die starken Schmerzen blieben. Es folgen mehrere Rehaaufenthalte in Gailingen, Allensbach und Stuttgart. Im Gespräch erzählt er, wie überwältigend der Rückhalt im familiären und beruflichen Umfeld für ihn war und weshalb die vergangenen zwei Jahre die lehrreichsten für ihn waren.

Nach der schweren Zeit im Krankenhaus bin ich direkt nach Gailingen in die erste Reha gekommen, mitsamt den schweren Nervenschmerzen. Ich habe sofort versucht mich einzubringen, tagsüber zumindest. Mithilfe eines Rollstuhls mit Antrieb bin ich dann von Anwendung zu Anwendung. Aber immer abends sind die Schmerzen zurückgekommen. Tagsüber war ich wegen des Schlafentzugs wie benebelt. Irgendwann sagte ein Arzt sehr ehrlich, dass er mir mit meinen Schmerzen hier nicht weiterhelfen könne. Er hat mir angeboten, die Behandlung in Allensbach fortzusetzen. Dort hat man nochmal alles durchgecheckt. Doch nichts schien zu helfen. In den nächsten Tagen sollte ich wieder zurück nach Gailingen. Das war ein echter Schlag für mich. Es wurde dann noch ein letzter Versuch mit der erneuten Einnahme von Immun-Globulinen unternommen. Und von der Stunde an wurde es besser.

Zurück in Gailingen ging die Therapie dann richtig los. Dann habe ich bemerkt, dass da was passiert. Das hat mir so einen Schub gegeben, dass ich immer viel öfter zur Therapie bin, als eigentlich notwendig. Ich konnte ja nicht mehr gehen. Als Erstes kam ein Stehpult. Dann das Laufband. Irgendwann konnte ich die ersten Schritte selber machen, das war phänomenal. Zum Schluss konnte ich dann schon mit Krücken laufen.

Wieder zu Hause habe ich neben der Therapie in der Tagesklinik in Stuttgart wieder angefangen, zwei Tage in der Woche zu arbeiten. Das wollte ich unbedingt. Seit Mitte 2017 konnte ich wieder Vollzeit arbeiten. Dafür habe ich in meinen Alltag viel Therapie und Sport integriert, v. a. Nordic Walking: am Anfang schaffte ich 500 Meter, heute 5 km – in Gailingen sogar 7,5 km.

Jetzt sind zwei Jahre vergangen und ich bin wieder in Gailingen. Mir war klar, dass ich wieder hier her will, weil neben den Therapien hier auch das Menschliche wichtig ist: Beim letzten Mal sind die Mitarbeiter zum Abschied gekommen und haben gesagt: Wenn Sie gehen, das ist, als würde einer von uns gehen. Das war wirklich lieb und ist mir ans Herz gegangen.

Mein Ziel für die Reha ist es, alles ein bisschen zu stabilisieren: die Beine, die geistige Ausdauer. Ich habe nicht mehr die Power wie früher, möchte aber trotzdem weiter arbeiten. Ich hoffe sehr, dass mir die jetzige Stabilität erhalten bleibt. Da tu ich alles für, auch wenn einige Behinderungen bleiben werden. In beiden Beinen hab ich ab dem Knie solche Fremdgefühle, das fühlt sich an, als wären die Beine ganz fest eingebunden. Auch beim Treppensteigen habe ich Probleme. Hier bin ich von morgens bis 16.30 im Einsatz, das brauche ich aber auch. Die Dehnübungen helfen mir wegen meiner eingeschränkten Beweglichkeit. Auch Stromanwendungen, die Zwei-Zellen-Bäder, das Gerätetraining, die Wassergymnastik, das Novafon. Das hilft alles auf seine Weise.

Was mir gut tut ist auch, dass meine Frau über das Wochenende da sein kann. Was sie bisher geleistet hat, das war der Wahnsinn. Sie fährt jedes Wochenende die fast 200 km zu mir und wir unternehmen was. Sie gibt mir unglaublich viel Kraft.

Von meiner Kirche habe ich viel seelsorgerische Unterstützung erfahren. Einer hat mir eine Whats-App-Gruppe eingerichtet und alle Freunde, Familie und Geschäftskollegen bunt gewürfelt eingeladen. Am Anfang war ich skeptisch, aber es war sofort so erbauend. Die Fotos und Nachrichten, die sind so wahnsinnig bewegend. Auch den Kliniken Schmieder, allen, die mit mir gearbeitet haben, bin ich sehr dankbar. Im Rollstuhl zu sitzen, das verändert einen. Dadurch habe ich viel über mich und andere gelernt.

Was ich anderen rate: Nie aufgeben! Es gibt immer Möglichkeiten, auch die Forschung geht weiter. Auch eine positive Einstellung hilft, die muss man auch in schweren Stunden behalten. In denen habe ich mich oft gefragt: Warum eigentlich ich? Aber dann kam es mir irgendwann: Warum eigentlich nicht ich? Diese Jahre waren für mich die lehrreichsten.

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