»Der Glaube an sich selbst darf nicht verloren gehen.«

Patienten berichten

Michael Grobe über seinen Langen Weg zurück ins Arbeitsleben

»Zuhause arbeite ich mittlerweile wieder.«

Schädel-Hirn-Trauma

Von einem Schädel-Hirn-Trauma spricht man bei Verletzungen der Kopfschwarte, des Schädels und des Gehirns, welche durch äußere Gewalteinwirkung entstehen. Ursachen sind vor allem Verkehrsunfälle und Stürze. Die Verletzungen können einzeln oder kombiniert vorliegen – in jedem Fall jedoch wird das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen. Sogenannte Sekundärschäden können durch eine schlechte Hirndurchblutung oder durch das „Einklemmen“ von anschwellenden Hirnteilen in vorgeformten Knochenhöhlen oder Bindegewebsstrukturen des Schädels auftreten.

Morgens auf dem Weg zur Arbeit geschieht es. Michael Grobe sitzt in seinem Auto und weicht einem Reh aus, das auf die Straße springt. Er fährt frontal auf einen Baum. Ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit vielen Aufenthalten in Akut- und Rehabilitationskliniken ist die Folge. Heute führt er ein selbstbestimmtes Leben im Kreis seiner Familie.

„Es geschah alles sehr schnell und zum Glück hatte ich keinen Beifahrer. Ich sah den Rehbock, konnte nicht mehr ausweichen und fuhr frontal auf eine Buche. Überall war Blut und ich dachte nur noch: Ich muss zur Arbeit. Das war meine Rettung, denn ich hielt mit diesem Gedanken durch, bis mich ein Ehepaar fand, das einen Waldspaziergang machte. Ich wurde auf Intensivstationen in Ulm, Garmisch und München behandelt. Danach folgten seit dem Unfall, der 1991 passierte, viele Reha-Aufenthalte. Ich war insgesamt sechzehnmal bei den Kliniken Schmieder. Und jede Reha hat mich ein Stück weiter voran gebracht.

Am Anfang war es wie bei einem Kind. Ich lag im Bett und musste alles wieder langsam erlernen. Übungen im Bett, später dann der Vierfüßlerstand am Boden, wieder später Übungen am Gehbarren und an der Sprossenwand, mit dem Rollator und schließlich wieder das aufrechte Gehen üben. Besonders erinnere ich mich auch daran, wie ich bei einem der ersten Aufenthalte in der Ergotherapie wieder den Umgang mit der Kaffeemaschine erlernte. Da ich ein leidenschaftlicher Kaffeetrinker bin, war das sehr wichtig für mich: Wasser einfüllen, Filter einlegen, Kaffee rein und auf Start drücken. Es war ein erster Versuch, wieder ins Jetzt zu kommen. Auch machte ich Aufmerksamkeitsübungen über PC-Programme und Sichtfeldübungen, da meine Sehfähigkeit eingeschränkt war. Beim derzeitigen Aufenthalt trainiere ich vor allem einen besseren Gang. Dabei wird meine Spastik im rechten Fuß behandelt. Ich mach Physiotherapie, trainiere im Milon-Zirkel, bekomme Ganzkörpermassagen und mache auch Wassergymnastik, was mir sehr hilft. Überhaupt bin ich ein Wassermensch. Hier bin ich viel geschwommen, Rücken- und Brustschwimmen und man hat mir wieder den Delphinschlag beigebracht, den ich früher schon konnte. Gut tut mir es auch, wenn ich selbst Busfahrten nach Konstanz in die Innenstadt unternehme und mir den Hafen und die Altstadt anschaue. Auch interessiere ich mich sehr für die Stadtgeschichte, vor allem für die Konzilszeit zwischen 1414 und 1418.

Zuhause arbeite ich mittlerweile wieder. Bei der Lebenshilfe, das sind Behindertenwerkstätten, die technische Teile herstellen wie Schaltrelais oder Blinker, bin ich in der Qualitätskontrolle angestellt. Dort arbeite ich acht Stunden am Tag. In die Zeit integriert sind allerdings auch ergo- und physiotherapeutische Übungen von der Berufsgenossenschaft. Morgens werde ich von einem Bus abgeholt, der mich abends auch wieder nach Hause bringt. Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß und ich bin froh, dass es solche Einrichtungen gibt.

Was mir ganz wichtig ist noch zu sagen: Besonders geholfen haben mir in den vielen Jahren seit meinem Unfall meine Familie, meine Geschwister und meine Mutter. Sie waren immer für mich da und haben mir Halt gegeben. Manchmal ist es nicht leicht den Alltag zu bewältigen, aber man darf nie den Glauben an sich selbst aufgeben. Das möchte ich auch anderen Patienten mitgeben. Auch ein gewisser Grad an Sturheit bringt weiter, wenn beispielsweise eine Übung nicht gleich funktioniert, muss man einfach dranbleiben. Und was mir auch immer wieder hilft ist die Musik. Ich hab früher Gitarre in einer Band gespielt und spiele das Instrument heute noch gerne. Musik bringt Entspannung. Und Erleichterung, beides ist wichtig.“

Kontakt