Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist ein akut auftretendes, neurologisches Erkrankungsbild, bei dem es zu entzündlichen Veränderungen des peripheren Nervensystems kommt. Die genaue Ursache ist unbekannt. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten. Die entzündliche und rasch auftretende Erkrankung mit langer Rekonvaleszenzphase hat eine relativ gute Prognose; bei einem Fünftel der Betroffenen bleiben Funktionsausfälle zurück.
Christa Steiner liebt die Gartenarbeit und gibt seit siebzehn Jahren Führungen in einem Bauernhausmuseum auf der Schwäbischen Alb. Neben Kochen und Backen ist Aquarellmalerei ihr großes Hobby. Dann plötzlich der Einbruch. Im Juli 2015 schlafen ihr die Finger ein, später der rechte Fuß. Nachts will sie aufstehen, doch da geben ihre Füße nach. Sie klappt zusammen wie eine Marionette. Am nächsten Tag kommt sie sofort ins Krankenhaus; Diagnose: Guillain-Barré-Syndrom, eine seltene Erkrankung.
„Wenn ich an damals zurückdenke, habe ich schon ein bisschen ausgeblendet wie hilflos ich war. Ich habe mir überhaupt keine Gedanken zur Diagnose gemacht. Mein Sohn hat mir erzählt ‚Mama, uns wurde gesagt, die Krankheit kommt ganz schnell und du hast die Chance wieder gesund zu werden, aber das ist ein langer Weg’. Ich war gut versorgt auf der Beatmungsstation. Ich habe mir auch gewünscht in die Kliniken Schmieder zu kommen, weil ich die durch meinen Mann gekannt habe. Ich habe gehört, wie der Arzt zur Schwester sagt: ‚Die Frau wird verlegt‘. Ich konnte ja nicht sagen, wohin ich will. Als mein Sohn mich dann gefragt hat, habe ich ihm über Kopfnicken signalisiert, dass ich in die Kliniken Schmieder will.
Am 12. Oktober bin ich in die Frühreha nach Allensbach gekommen. Die Therapeut:innen geben hier wirklich ihr Bestes. Auch mit der Pflege habe ich gute Erfahrungen gemacht. Jetzt geht es peu à peu voran. Ich mache gute Fortschritte, wenn ich daran denke, dass ich vorher ganz gelähmt war. Lange bin ich künstlich ernährt worden und konnte nicht reden. Mit Hilfe der Logopädin lernte ich das wieder. Beim ersten Sprechen habe ich gedacht, ich rede wie ein Roboter. Die Ergotherapie hat viel geholfen, und die Physiotherapie gab mir mehr Kraft und Mobilität. Anfangs konnte ich meine Arme noch nicht bewegen. Und die Werktherapie ist ein guter Ausgleich, sie ist entspannend und musisch. Ich habe viel für meine Kräftigung getan und kann jetzt schon am Rollator ganz alleine gehen. Danach bin ich zwar erschöpft, aber auch stolz. Ich habe wirklich eine schnelle Entwicklung hinter mir.
Es wackelt natürlich noch ein bisschen, aber meine Fortschritte sind kontinuierlich. Jede Woche lerne ich Neues dazu, mal ist es ein größerer, mal ein kleinerer Schritt. Das gibt mir Kraft für die neue Woche. Seit ich mich am Oberkörper stabiler fühle, ist auch die Angst vor Geräten und neuen Anwendungen verschwunden. Ich muss sagen, die Therapeut:innen leisten hier Einiges, um die Kranken wieder gesund zu machen. Die Hilflosigkeit war für mich am schwierigsten. Nicht alleine ins Bett gehen können, alles annehmen müssen – das ist Abhängigkeit. Ich weiß nicht, ob ich mein bisheriges Leben wie gehabt weiter führen kann, aber ich hoffe es sehr.
Am meisten Kraft haben mir meine drei Söhne gegeben. Sie haben mir gegenüber Stärke bewiesen, das hat mir auch Hoffnung gegeben. Bei der Besprechung mit dem Sozialdienst war es gut, dass alle drei da waren. Ein Sohn kam aus Amerika angereist, und wir konnten uns dann alle zusammen beraten, wie es weitergeht. Auch viele Freunde und Freundinnen kamen mich besuchen, obwohl sie zwei Stunden hierher fahren. Das Gefühl, dass so viele hinter mir stehen, tut gut.
Mein Ziel ist es, eigenständig in einem kleineren Radius als bisher zu leben. Eine Idee ist betreutes, altersgerechtes Wohnen in der Nähe eines meiner Kinder. Es täte mir nur leid, mein Haus aufgeben zu müssen, weil ich sehr an meinem Garten hänge, der für mich zugleich Meditation und Entspannung pur ist. Wenn ich eine andere Wohnung habe, wünsche ich mir einen Balkon mit vielen Blumen. Von meinem zukünftigen Leben habe ich eine klare Vorstellung, die ich verfolge. Dabei ist es immer gut, selber bestimmen zu können und nicht alles über sich ergehen lassen zu müssen. Manchmal waren andere erstaunt, dass ich so gut drauf bin. Meine Maxime ist: Ich frage nicht, warum hat’s mich getroffen. Das gibt Kraft. Und ich möchte anderen Patient:innen wünschen, nie aufzugeben. Das ist sehr wichtig … Ich geb’ noch lange nicht auf!“