»Mein Ziel ist es, wieder ganz die Alte zu werden.«

Patienten berichten

Sommer, Wald und Zeckenbiss

»Ich bin auf einem guten Weg«

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

Eine Infektion mit dem FSME-Virus kann symptomfrei aber auch lebensgefährlich verlaufen. Häufig zeigen sich grippeähnlichen Symptome, die eine Entzündung des Gehirns und der Gehirnhäute auslösen können. Meist wird die FSME durch infizierte Zecken übertragen, selten durch Rohmilch. Die FSME ist in Deutschland meldepflichtig. Schutz gegen FSME bieten langärmelige Kleidung, geschlossene Schuhe sowie eine dreimalige FSME-Impfung, die für Personen in Risikogebieten wie Baden-Württemberg empfohlen wird.

Inge Woessner ist eine aktive Frau. Sie betreibt eine Praxis als selbstständige Fußpflegerin und ist der Mittelpunkt einer fünfköpfigen Familie. Der erste Zeckenbiss in ihrem Leben infizierte sie im Sommer 2013 mit weitreichenden Folgen. Einer ärztlichen Fehleinschätzung der Anfangssymptome folgten mehrere Wochen Intensivbehandlung. Nach Beginn ihrer Rehabilitation bei den Kliniken Schmieder in Gerlingen erholte sie sich von den Folgen ihrer Hirnhautentzündung. Sie durchlief die Phasen der Neurologischen Rehabilitation rasch. In kurzer Zeit lernte sie wieder zu sitzen, zu gehen und ihren Alltag zu bewältigen. Viele kleine Schritte, großes Engagement gepaart mit Gelassenheit und Humor brachten sie so weit. Bereits ein halbes Jahr nach dem Zeckenbiss kann Inge Wössner wieder ihre familiären und beruflichen Aufgaben bewältigen.

„In den Sommerferien trafen wir uns mit dem Imker im Wald, wo einer unserer Zwillingssöhne einen Bienenstock übernehmen durfte. Am nächsten Morgen habe ich die Zecke an meinem rechten Bein bemerkt und entfernt. Ein paar Tage später hatte sich eine rote Stelle gebildet, etwa Zwei-Cent-Stück groß. Zur Sicherheit stellte ich mich am Wochenende dem ambulanten Notdienst vor. Der diensthabende Neurologe sah sich die Stelle an, stellte fest, dass die Zecke entfernt war, dass zu viel Aufhebens um Zecken gemacht würde und schickte mich wieder heim. Unseren anschließenden Urlaub in Österreich konnte ich nicht genießen, ich war schwach, hatte Schmerzen im Nacken, bekam Fieber und mir war übel. Wieder zu Hause stellte ich mich meiner Hausärztin vor, die sofort hellhörig wurde. Als das Ergebnis der Blutentnahme da war, lag ich bereits auf der Intensivstation unseres Akutkrankenhauses. Ich war schwerkrank. Als sich die Lage weiter verschlechterte, wurde ich am 30.08.2013 in ein Akutkrankenhaus nach Stuttgart verlegt, wo nach eingehender Diagnostik die Diagnose gestellt wurde: Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Meine erste Zecke in 54 Jahren hatte also voll zugeschlagen.

Am 13.09. kam ich per Liegendtransport in die Reha nach Gerlingen. In gut 2 Monaten habe ich die Stationen von unten (Phase B) nach oben (Phase D) durchlaufen. Als ich nach Gerlingen kam, war ich sehr schwach und bei allen, wirklich allen Verrichtungen auf Hilfe angewiesen. Ich hatte einen Blasenkatheter und einen Monitor am Bett. Schon nach zwei Monaten konnte ich nach Hause entlassen werden. Ich konnte wieder gehen und mich selbst versorgen. Das war stark. Mein Physiotherapeut und mein Ergotherapeut waren ein gutes Team und haben sich sehr, sehr um mich bemüht. Es hat etwa eine Woche gedauert, bis ich für ein bis zwei Stunden sitzen konnte. Ein Rollstuhl mit hoher Lehne hat meinen Kopf stabilisiert. Dann das Gehtraining, am ersten Tag um das Bett herum mit Hilfe von zwei Therapeuten, am zweiten Tag bereits bis zur Tür. Ich hatte wenig Kraft, meine Therapeuten haben aber nicht locker gelassen und mich immer wieder angespornt. Wenn ich diese Therapeuten nicht gehabt hätte, könnte ich heute nicht gehen. In der Ergotherapie habe ich wieder gelernt zu schneiden trotz meiner sehr schwachen rechten Hand. Und wie ich die Betten machen kann, ohne vornüber zu fallen. In der Klinik habe ich auch gelernt, Geduld zu haben und auch mal nein zu sagen. Als ich am 20.11. entlassen wurde, konnte ich gehen, Treppen steigen und Auto fahren.

Das Meiste in unserem 5-Personen-Haushalt kann ich gut bewältigen. Stundenweise habe ich Hilfe. Im Januar 2014 habe ich dann meine berufliche Tätigkeit als selbstständige Fußpflegerin wieder aufgenommen. Früher habe ich acht bis zehn Kund:innen pro Tag gemacht, heute mache ich zwei am Vormittag und zwei am Nachmittag und bringe auch ein bisschen mehr Zeit für das Gespräch mit. Das Arbeiten ist anstrengend, aber tut mir gut, weil ich merke, dass ich gebraucht werde. Mit ambulanter Physiotherapie will ich die Kraft im rechten Arm noch steigern. Mein Ziel ist, wieder ganz die Alte zu werden. Hier bin ich auf einem sehr guten Weg."

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