»Von nichts kommt nichts«

Patienten berichten

Konrad Kreidler verlor trotz Schlaganfall nicht die Balance

»Von nichts kommt nichts«

Schlaganfall

Der Schlaganfall ist keine einheitliche Erkrankung; der Oberbegriff „Schlaganfall“, auch Apoplex oder Hirninsult genannt, wird für eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen verwendet, die verschiedene Ursachen und damit auch unterschiedliche Therapien erfordern. Je nach Ursache sprechen Ärzte präziser vom „Hirninfarkt“, wenn der Schlaganfall durch eine Mangeldurchblutung des Gehirns hervorgerufen wurde oder von einer „Hirnblutung“, wenn er durch den Austritt von Blut in das Hirngewebe verursacht wurde. Knapp 270.000 Schlaganfälle* ereignen sich jährlich in Deutschland, etwa 200.000 davon sind erstmalige Schlaganfälle.
*Angaben der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

Konrad Kreidler hatte 2010 im Schlaf einen Schlaganfall. Seitdem lebt er mit den Folgen. Und er hat niemals aufgegeben. Er möchte allen, die so wie er von einem Schlaganfall betroffen sind, Mut machen. Denn er weiß: Vieles ist möglich, wenn man an sich glaubt und wenn man unablässig an sich arbeitet.

„Ich erinnere mich zurück: Als mich damals Familie, Freunde oder Bekannte in der Reha anriefen, fragten sie immer nach meinem Befinden. Schon damals antwortete ich: „Mir geht’s gut.“ Diese Krankheit ist nun mein neuer Beruf und daran muss ich ein Leben lang arbeiten und positiv bleiben. Heute, nach 14 Jahren, habe ich immer noch die gleiche Einstellung wie damals. Das liegt sowohl an meinem Optimismus als auch an meinem strukturierten Alltag. Ich stehe um halb acht auf, frühstücke, gehe zur Therapie und kümmere mich danach um organisatorische Aufgaben, wie z. B. das Öffnen der Post oder das Bezahlen von Rechnungen. Anschließend verbringe ich gerne Zeit im Garten oder im Freien. Auch meine tägliche Laufroutine hält mich fit: Ich laufe jeden Tag etwa 4 km.

Wenn ich daran denke, dass ich anfangs in Phase B war und kaum laufen konnte und heute bereits in Phase D bin, verschlägt es mir die Sprache. Damals war ich zwei Jahre auf einen Rollstuhl angewiesen und erst durch intensive Therapie habe ich wieder das Laufen erlernt. Zu Beginn benutzte ich noch einen Stock, um Spaziergänge zu machen. Doch irgendwann konnte ich ihn im Auto zurücklassen und selbstständig ohne Hilfsmittel laufen. Es erfordert oft Mut und die Bereitschaft, über seine Grenzen hinauszugehen. Kürzlich haben meine Frau und ich unseren Hochzeitstag gefeiert und an diesem Tag sind wir über neun Kilometer gelaufen. Es war mutig von mir, aber es war auch ein ganz besonderer und wunderschöner Tag.

Ich genieße weiterhin mein Leben und lasse mir die schönen Momente nicht nehmen. Denn das Leben ist schön, und ich versuche stets, dass auch anderen Betroffenen nahezulegen. Ein unvergessliches Erlebnis war vor eineinhalb Jahren, als ich mit dem Bus nach München fuhr, um das Fußballspiel Bayern gegen Schalke 04 zu sehen. Seit 1972 bin ich ein großer Fan von Bayern München. Trotz meiner eingeschränkten linken Körperseite stand ich zweieinhalb Stunden auf dem Stehplatz im Stadion und hielt mich an einer Stange fest. Der Tag bleibt unvergessen: Bayern gewann 6:0 und die Freude war riesig. Wie gesagt, das Leben ist schön und man muss immer das Beste aus jeder Situation herausholen.

Was mir in dieser Zeit stark geholfen hat, war die Therapie. Seit elf Jahren habe ich fünfmal die Woche verschiedene Therapien. Ich mache drei Einheiten Physio, zwei Einheiten Ergo und eine Einheit Pferdetherapie. Auch die Therapien in den Kliniken Schmieder haben mich in den letzten Jahren stark weitergebracht. Meine Familie und Freunde als Rückgrat zu haben, war auch eine sehr große Stütze für mich.

Nachdem ich wieder laufen konnte, habe ich 2013 auch meinen Führerschein neu gemacht. Das war ein großer Fortschritt für mich, da ich dadurch unabhängiger und selbstständiger geworden bin und nun verschiedene Aufgaben eigenständig erledigen kann. Beispielsweise fahre ich wöchentlich von Horb nach Rottenburg zur Pferdetherapie.

Durch die Therapie wird meine Selbstständigkeit also immer mehr gefördert. Es sind meistens auch Kleinigkeiten, die sich verbessern. Das sieht ein Außenstehender nicht, nur ich sehe das. Ich schaffe es jetzt z. B. ein Hemd alleine anzuziehen und die Knöpfe zuzumachen. Das braucht aber jahrelange Übung. Ich sag immer: Meine tägliche Herausforderung ist es, mit einer Hand den Joghurtbecher aufzumachen. Und ich schaffe das auch.

Es ist wichtig, immer zu bedenken, dass jede Therapie ihren Wert hat und einen Fortschritt bringt. Es gibt Momente, in denen man den Eindruck hat, dass die Therapie nichts bewirkt oder keinen Nutzen bringt, aber das ist nicht der Fall. Hinter jeder Therapie steckt ein tieferer Sinn. Das möchte ich allen Betroffenen ans Herz legen: Gebt nicht auf, besucht weiterhin eure Therapien und akzeptiert eure Krankheit. Seid mutig und beißt euch durch.

Der Spruch „Von Nichts kommt nichts“ begleitet mich schon mein ganzes Leben. Ich stamme aus einer Großfamilie mit zehn Geschwistern. Wir haben hart gearbeitet und uns immer durchkämpfen müssen. Diese Einstellung ist auch auf meine Krankheit übertragbar: Wenn ich nicht an mir arbeite, kann ich mich nicht verbessern. Der Grundsatz „Von Nichts kommt nichts“ gilt für mich also weiterhin. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass ich durch sie das positive Denken gelernt habe und mir die Arbeit an sich sehr gefallen hat.

Ich freue mich sehr, bei den Kliniken Schmieder zu sein, denn es fühlt sich für mich wie nach Hause kommen an. Das vertraute Umfeld, die gute ärztliche Betreuung sowie die bekannten Therapieansätze geben mir ein Gefühl der Sicherheit. Wenn ich vor dem Haus Bodan sitze und die Landschaft beobachte, empfinde ich eine tiefe Verbundenheit mit diesem Ort. Für dieses Mal ist mein Reha-Aufenthalt nun beendet. In vier Jahren werde ich wieder bei den Kliniken Schmieder in der Reha sein – und ich kann es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen."

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