»Aus Krisen kommt man oft gestärkt hervor«

PATIENTEN BERICHTEN

DIE ZUWENDUNG IHRER FAMILIE HAT MARIA DITZ SEHR GEHOLFEN

»Sofort auf positiv schalten!«

Rückenmarksinfarkt

Bei einem Rückenmarksinfarkt wird das Rückenmark durch eine Sauerstoffunterversorgung geschädigt. Durch die fehlende oder mangelnde Durchblutung werden Signale aus dem Gehirn nicht mehr weitergeleitet, was ähnlich wie bei einer Querschnittslähmung zur Unbeweglichkeit von Körperteilen führt. Dabei ist ganz entscheidend, an welcher Stelle der Infarkt auftritt: Je weiter oben der Infarkt in Richtung des Halsmarkes liegt, desto mehr Körperteile und Funktionen sind von einer Lähmung betroffen. Diese äußerst selten auftretende Form des Infarkts betrifft in erster Linie ältere Menschen. Durch gezielte Therapie besteht die Möglichkeit, dass sich das geschädigte Rückenmark wieder regeneriert – dies hängt jedoch davon ab, wie stark das Rückenmark durch den Infarkt geschädigt wurde.

Am Arbeitsplatz bekommt die Sozialversicherungsfachangestellte Maria Ditz Rückenschmerzen und fühlt sich plötzlich ganz wackelig auf den Beinen. Zunächst denkt sie an Kreislaufprobleme, weil es Ende Mai auch in Ludwigshafen bereits Temperaturen über 30 °C gab. Am darauffolgenden Tag verstärken sich die Rückenschmerzen und die Stabilität ihrer Beine verschlechtert sich beim Verlassen der Dusche schlagartig. Mit Müh und Not kann sie sich an einer Stange festhalten. Doch ihr linkes Bein ist gelähmt. Zunächst kommt sie in die Unfallklinik nach Oggersheim und wird orthopädisch untersucht. Dann die Überweisung in die neurologische Abteilung des Klinikums Ludwigshafen. 12 Stunden wird Maria Ditz dort untersucht – um halb 2 Uhr nachts dann die Diagnose: ein Infarkt im Rückenmark, eine äußerst seltene Erkrankung.

„Die Diagnose war erst einmal ein Schock für mich. Mein Mann und ich dachten erst an einen Bandscheibenvorfall. Von einem Infarkt im Rückenmark hatte ich noch nie gehört. Unter der Dusche hatte ich schon bemerkt, dass auch mit der Temperatur etwas nicht in Ordnung war: im rechten Bein hatte ich Gefühlsstörungen. Das linke Bein konnte ich absolut nicht mehr bewegen. Wie meine Chancen auf eine Genesung standen, konnte mir keiner sagen. Trotz dieser Ungewissheit habe ich mich nach der Diagnose aber relativ schnell gefangen und habe gedacht: Lieber das Beste draus machen. Und das ist mein Motto: sofort auf positiv schalten.

Nach zehn Tagen bin ich von Ludwigshafen in die Reha gekommen. Hier in die Schmieder-Klinik nach Heidelberg zu kommen, war mein großer Wunsch. Da habe ich alle Hebel in Bewegung gesetzt. Es war Anfang Juni und ich saß noch im Rollstuhl. Nur wenige Wochen später konnte ich am Rollator gehen. Und dann, ich glaube am 27. Juni, konnte ich ohne Rollator gehen. Dank bester Physiotherapie.

Also die Physiotherapeuten und auch alle anderen Therapeuten sind einfach toll. Ich hab dann morgens so früh es ging auch immer auf dem Zimmer und draußen alleine meine Gleichgewichtsübungen gemacht. Auch die Gruppen finde ich wunderbar, z. B. die Kochgruppe. Beim Töpfern stelle ich mich nicht so gut an, aber es macht großen Spaß. Gestern konnte ich zum ersten Mal an der Wanderung zu den Mammut-Bäumen teilnehmen, das hat 35 Minuten gedauert und danach war ich richtig ausgepowert. Auch das autogene Training finde ich klasse. Das hat mir bei meinen Schlafstörungen geholfen. Ich musste mich nur darauf einlassen. Seitdem kann ich abends besser einschlafen.

Was mir Kraft gibt, ist, dass man hier gut betreut wird – die Leute machen es einfach aus mit ihrer Freundlichkeit und auch mit viel Humor. Aber auch von meiner Familie hatte ich viel Zuwendung. Einige meiner Kollegen haben mich besucht und wir hatten viel telefonischen Kontakt. Für meine Familie war meine Erkrankung, glaube ich, ein größerer Schock als für mich, vor allem für meine Eltern. Zu Beginn der Reha kam mein Mann immer zu Besuch, aber inzwischen gehe ich Samstag auf Sonntag zur häuslichen Belastungsprobung auch nach Hause. Wenn ich dann wieder hier her komme, bekomme ich gleich wieder gute Laune wegen der guten Luft – und der Angus-Rinder! Das alles würde ich am liebsten mit nach Hause nehmen. Die Natur. Den Berg. Man denkt an den Zauberberg von Thomas Mann.

Ich wünsche mir, dass alles noch ein bisschen besser wird: Die Muskulatur im Knie sollte noch kräftiger werden, damit ich auch wieder richtige Wanderungen zum Beispiel in den Pfälzer Wald oder in Südtirol unternehmen kann. Dieser Automatismus, dass man einfach loslaufen kann, der fehlt mir noch. Das ist für mich ein großes Ziel, damit ich auch wieder meinen Beruf ausüben kann.

Nur einen Tag nach dem Infarkt wäre ich zu einem Sing-Along-Konzert nach Paris gefahren. Da mitsingen zu dürfen, darauf hatte ich mich schon monatelang gefreut. Dass ich daran nicht teilnehmen konnte, hat mich sehr traurig gemacht, aber auch gleichzeitig motiviert. Das Singen und die Musik sind meine größten Hobbies, daran hängt mein Herz. Vor meiner Ausbildung habe ich ein Musiklehrerstudium mit dem Hauptfach Gesang und Nebenfach Klavier abgeschlossen.

Mir hat geholfen, über meine Situation anders nachzudenken: Es gibt Krisen im Leben, sehr oft sogar. Man sollte aber nicht nur das Negative sehen, weil man durch diese Zeit auch neue Impulse erhält. Das ist manchmal schwer nachzuvollziehen. Ich sag immer: aus vielen Krisen kommt man oft gestärkt hervor. Das hält mich bei guter Laune. Und auch, was noch vor mir liegt: Für nächstes Jahr wünsche ich mir, das Sing-Along-Konzert nachzuholen – dann findet es in Barcelona statt.“

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