Es gibt rund 130 verschiedene Arten von Hirntumoren. Zu den häufigsten gehören so genannte Astrozytome, die vorwiegend im mittleren Lebensalter auftreten. Der Grad der Bösartigkeit wird nach der WHO-Skala von I bis IV klassifiziert. Hirntumore machen insgesamt nur ungefähr 2 Prozent aller Krebserkrankungen aus. Für die Bundesrepublik Deutschland wird geschätzt, dass jedes Jahr rund 6.800 Menschen neu an einem Tumor des Gehirns oder Rückenmarks erkranken. Trotz intensiver Forschungsanstrengungen sind die Ursachen für die Entstehung weitgehend unbekannt.
Marina Hohl leidet seit frühstem Kindesalter an einem gutartigen Tumor und einer Zyste im Kopf. Mit der daraus resultierende Spastik der rechten Körperhälfte kommt sie gut zurecht – bis vor zehn Jahren eine folgenschwere Operation die Entwicklung weit zurückwirft. Konnte die gelernte Kinderpflegerin vorher mit der Hand Knöpfe öffnen, ist es nun nicht mehr möglich, die Hand aktiv zu drehen. Ihr Ziel: Die rechte Hand für den Aufschlag beim Tischtennis gebrauchen zu können.
„Mit zwei Jahren wurde der Tumor im Kopf entdeckt. Man weiß nicht, ob er seit Geburt da war oder sich neu gebildet hatte. Es folgten Bestrahlungen, aber eine Operation wurde nicht durchgeführt – zu groß war die Angst, dass ich danach gelähmt bin oder das Sprachzentrum beschädigt wird. Mittlerweile lebe ich mein ganzes Leben lang damit, ebenso wie mit der Spastik in der rechten Hand und dem rechten Fuß. Ich kann meine Hand nicht richtig öffnen und der Fuß-Heber ist beschädigt, deswegen trage ich eine Fuß-Heber-Orthese. Neben dem Tumor hat sich eine Zyste am Stammhirn gebildet, die sich immer wieder mit Wasser füllt. Die Auswirkungen spüre ich sofort: Ich kann meinen rechten Fuß nicht mehr heben und stolpere wieder mehr. Die Abstände sind unregelmäßig, aber seit sieben Jahren habe ich nun bereits Ruhe.
Vor 10 Jahren hatte ich dann eine Operation, mit deren Folgen ich noch heute kämpfe. Der Nachfolger meines Arztes entfernte entgegen der Anweisung meines alten Arztes einen Katheter im Kopf. Konnte ich früher mit der rechten Hand Knöpfe öffnen, bin ich davon heute meilenweit entfernt. Ich habe viel Zeit gebraucht, um mich mit diesem Schicksalsschlag abfinden zu können und habe mich immer wieder gefragt, warum ausgerechnet mich nun eine so fehlgeschlagene Operation treffen muss. Aber irgendwann habe ich eingesehen, dass meine Wut mir meine Hand auch nicht wieder zurückgibt und ich wieder aufstehen und mein Leben weiter leben muss.
Große Ziele setze ich mir nicht mehr – es ändert sich eh ständig alles. Ich genieße die Zeit hier bei den Kliniken Schmieder, bevor bei mir zuhause der Alltag wieder losgeht. Ich bin gelernte Kinderpflegerin und arbeite täglich über den Mittag in einem Kindergarten. Die Arbeit ist für mich optimal, meine Kollegen sind sehr rücksichtsvoll und helfen bei Bedarf. Insgesamt war ich schon achtmal in Reha bei den Kliniken Schmieder und es tut immer wieder gut: Man denkt mal nur an sich und an keinen anderen. Bei diesem Aufenthalt arbeiten wir an den kleinen Zielen. Zum einen mit meiner Hand, die ich für meine Leidenschaft Tischtennis gerne wieder drehen können möchte, zum anderen würde ich gerne wieder rennen können. Drei Kilometer schaffe ich mittlerweile in einer halben Stunde – nur mit meiner Fuß-Heber-Orthese. Ich bewege mich einfach sehr gerne! Zuhause spiele ich in einer Mannschaft Tischtennis und auch wenn ich kaum ein Spiel gewinne, geben einem der Teamgeist und der Mannschaftsgedanke unglaublich viel. Federball spiele ich auch gern. Eigentlich mag ich jede Sportart – außer Tennis, aber das verfolge ich stattdessen im Fernsehen.
Anderen Patienten empfehle ich, nie den Kopf hängen zu lassen und wieder aufzustehen, wenn man am Boden ist. Außerdem empfinde ich es als ganz wichtig, sich nicht zu verstecken und zu isolieren, sondern rauszugehen und das zu tun, auf das man Lust hat! Vor fünf Jahren hatte ich einen Schlüsselmoment: Ich habe mich nie getraut in kurzer Hose das Haus zu verlassen, aus Angst, was die Leute über mich denken könnten. Zu Besuch bei einem Freund in Konstanz gingen wir spontan in die Stadt. Irgendwann schaute ich an mir herunter und merkte, dass ich tatsächlich in einer kurzen Hose nach draußen gegangen war! Ich wollte sofort umkehren und wäre am liebsten im Boden versunken. Aber mein Freund wollte partout nicht mit mir deswegen nach Hause gehen und ich konnte ihn auch nicht mitten in der Stadt stehen lassen. Seit diesem Tag hab ich die Hemmschwelle überwunden und trage kurze Hose, wann immer ich Lust dazu habe. Sollen die Leute doch schauen und denken, was sie wollen – man muss sich selber annehmen!