»Reha kann eine Chance sein.«

Patienten berichten

Für Marina Obert war die Reha ein Neuanfang

»Mein Schreiben gab mir wieder neue Kraft«

Multiple Sklerose

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Entmarkungserkrankung des zentralen Nervensystems. Neben der Epilepsie ist sie eine der häufigsten neurologischen Krankheiten bei jungen Erwachsenen. Die meisten Patienten sind zwischen 20 und 40 Jahre alt, wenn die Symptome zum ersten Mal auftreten. Bei mehr als einem Drittel der Patienten fängt die MS mit Gefühlsstörungen an: Arme oder Beine fühlen sich taub an oder es kribbelt auf der Haut. Ziel der therapeutischen Maßnahmen ist es, die Unabhängigkeit des Patienten im Alltag zu erhalten. Die beste erreichbare Lebensqualität soll für die Patienten gewährleistet werden.

Marina Obert ist 20 Jahre alt, als sie beim Inline-Skating alle zwei Meter stürzt. Sie und ihr Freund sind ratlos, suchen nach Erklärungen. Beim Spazierengehen hat sie Probleme mit dem Gleichgewicht und schwankt bei jedem Schritt. Anfang des Jahres 2013 hatte sie bereits Taubheitsgefühle am ganzen Körper, die jedoch von alleine wieder abgeklungen sind. Im April 2013 kamen zur Gleichgewichtsstörung mit Schwindelgefühlen Blasenstörungen hinzu. Eine Woche später ging sie zum Hausarzt, der sie sofort in die Neurologie einer Uniklinik überwies. Inmitten ihrer Abschlussprüfung zur Groß- und Außenhandelskauffrau bekam sie dann die Diagnose Multiple Sklerose.

„Als ich ins Krankenhaus überwiesen wurde, habe ich es noch gar nicht richtig realisiert. Ich wusste nicht wirklich, was MS ist. Ich stand gerade zwischen Ausbildung und Übernahme als Groß- und Außenhandelskauffrau. Es war ein Schock. Ich wusste nicht, wie es weitergehen soll. Am schlimmsten war für mich die Einsicht, dass ich mir mein Leben lang, Woche für Woche, eine Spritze geben muss, und so ständig an meine Krankheit erinnert werde. Jetzt nehme ich jeden zweiten Tag Tabletten, die wirken sehr stark. Ich hab schwere chronische Erschöpfung, die Fatigue macht mir das Leben schwer. Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren und mit der Erinnerung und dem Multitasking klappt es nicht mehr wie früher.

Mit der Reha in Gailingen hat sich dann mein Leben von Null auf Hundert geändert. Ich war dort zwei Mal. Das Rudergerät im MTT-Trainingsraum in Gailingen ist das erste Fitnessgerät, was mir wirklich Spaß macht. Ich habe es erst in der Reha kennengelernt und trainiere damit Beine, Arme, Bauch und Rücken. Gerade bei MS ist es wichtig, dass man die Kraft nicht verliert und Muskeln aufbaut. Die Sporttherapeuten haben immer geschaut, dass alles passt. Ich hatte auch Rückentraining, Physiotherapie und Werktherapie und Schwimmen tat auch gut. Bei der Gleichgewichtsgruppe machte ich am meisten Fortschritte. Am Anfang konnte ich die Füße nicht richtig abrollen. Im Laufe der Wochen hat sich das gebessert und ich habe mich sicherer gefühlt. Das Nordic Walking war immer sehr schön im Wald. Ich fühlte mich wohl in der wunderschönen Gegend in Gailingen und konnte abschalten von daheim. Gerade in der Entspannungsgruppe kann man mal richtig durchatmen und die Gedächtnisgruppe hat mir auch wirklich geholfen.

Während meiner zweiten Reha in Gailingen habe ich als Patientin eine Dichterlesung gehalten. Mein Bekannter, der auch hier Patient war, hat mich dazu ermutigt, zu schreiben und meine Gedichte drucken zu lassen. Im Juli 2015 sind die „Alltagsgedichte für Jung und Alt“ im Selbstverlag erschienen. Gedichte schreiben bedeutet für mich, dass ich loslassen kann. Es gefällt mir, weil ich Menschen verbinden kann. Wenn ich Menschen erreiche, macht mich das glücklich. Damit haben sich für mich neue Welten geöffnet. Nach der Reha habe ich das Fernstudium „Das lyrische Schreiben“ gestartet, das ich mittlerweile abgeschlossen habe. Dadurch habe ich gelernt, meine Gedichte noch anders zu schreiben. Auch an einem Gedichtwettbewerb habe ich teilgenommen und ein Gedicht von mir ist dadurch in eine Anthologie aufgenommen worden, was mich sehr freut. Mein Leben hat wieder einen neuen Sinn.

In den Kliniken Schmieder Gailingen wurde mir außerdem klar, dass Rehabilitation verbindet, weil man andere Menschen kennenlernt, die das gleiche Schicksal teilen. Ich habe so etwas wie eine Ersatzfamilie geschenkt bekommen und habe nach wie vor Kontakt mit einigen. Für mich war die erste Reha die schönste Zeit meines Lebens, weil es das erste Mal nur um meine Gesundheit ging. Durch den Austausch mit Gleichgesinnten und dem freundlichen Personal bleibt diese Zeit unvergesslich für mich.

Ich mache im Moment ein Mal in der Woche Rehasport bei uns um die Ecke. Gerne würde ich auch wieder arbeiten gehen, weil ich so jung bin. Mein Freund steht immer hinter mir und unterstützt mich. Insgesamt kann ich sagen, bin ich durch die Rehabilitation stärker geworden.“

Die Gedichte von Marina Obert können Sie unter Marinas Gedichte finden.

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