»Ich bin mir selbst wieder wichtiger geworden«

PATIENTEN BERICHTEN

Walter Kunz stellt sich nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma dem inneren Schweinehund

»Ich bin mir selbst wieder wichtiger geworden«

Schädel-Hirn-Trauma

Von einem Schädel-Hirn-Trauma spricht man bei Verletzungen der Kopfschwarte, des Schädels und des Gehirns, welche durch äußere Gewalteinwirkung entstanden sind. Die Verletzungen können einzeln oder kombiniert vorliegen – in jedem Fall jedoch wird das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen. Wegen der Gefahr von Hirnblutungen oder anderer Komplikationen wird für jeden Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma die Beobachtung im Krankenhaus empfohlen. Sogenannte Sekundärschäden können durch eine schlechte Hirndurchblutung oder durch das „Einklemmen“ von anschwellenden Hirnteilen in vorgeformten Knochenhöhlen oder Bindegewebsstrukturen des Schädels auftreten.

Eigentlich hatte Walter Kunz an dem Tag Urlaub. Aber weil so viel los war, kam der gelernte Karosseriebauer ausnahmsweise trotzdem zur Arbeit. Bei der Reparatur eines Busses fiel ihm dann der Anlasser auf den Kopf – dabei erlitt 69-Jährige ein Schädel-Hirn-Trauma mit akuter Subduralblutung. In der Reha in Heidelberg bekämpfte er zuerst den inneren Schweinehund und überwand dann seine körperlichen Einschränkungen.

„Bei der Arbeit bin verantwortlich für die Elektronik und die Luftsteuerung in den Reise- und Linienbussen. Bevor ich an diesem Tag zu meinen eigentlichen Aufgaben kam, musste allerdings der Anlasser eines Busses ausgewechselt werden. Unter dem Bus liegend, schraubte ich den Anlasser los und zog in seitlich heraus – doch schneller wie ich gucken konnte, fiel mir das Teil direkt auf den Kopf. Es war ein extremer Schlag, dennoch habe ich mich zunächst einmal abgewaschen. Meine Kollegen haben in der Zwischenzeit den Rettungswagen gerufen – ab da fehlt mir jede Erinnerung. Das war am 7. Januar 2017. Drei Tage nach dem Unfall sowie nach der Operation in einer Spezialklinik war ich dann wieder bei Bewusstsein. Aber ich konnte mich zu diesem Zeitpunkt an nichts erinnern. Ich erkannte nicht einmal mehr meine Töchter. Zum Glück hielt diese Erinnerungslücke nicht allzu lange an.

Knapp zwei Wochen musste ich im Krankenhaus bleiben, ehe ich dann zur Reha in die Kliniken Schmieder Heidelberg verlegt wurde. Zunächst einmal war ich auch hier zu nichts fähig, ich lag einfach nur im Bett. Auch die Therapien fanden am Bett statt. Mir fehlte einfach die Motivation für alles, ich hatte zu nichts Lust. Irgendwann jedoch war es den Schwestern dann zu bunt mit mir und sie legten mir nahe, mich wieder einmal zu rasieren. Ich raffte mich nach dieser Bitte endlich auf und fand in Folge nach und nach meine Motivation wieder. Mir wurde bewusst, dass mein Zustand unmöglich so bleiben konnte. Ich wollte wieder in eine positive und aktive Zukunft schauen und dafür musste ich ordentlich etwas tun.

Ich begann damit, meine Stunden mit Therapien auszufüllen und mich selbst kontinuierlich zu beschäftigen. Ob Bewegungs- oder PC-Therapie – ich habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass alles seinen Sinn hat und zu meiner Genesung beitragen kann. Ich musste feststellen, dass ich tatsächlich noch Glück mit meinem Zustand hatte, es hätte weitaus schlimmer sein können.

Dreizehn Wochen lang war ich bei den Kliniken Schmieder, zunächst stationär, dann einige Zeit in der Tagesklinik. Ich bin stolz darauf, die Klinik nun entgegen meiner ursprünglichen Erwartungen ohne jegliche körperliche Einschränkung verlassen zu können. Nachdem ich alles in Bewegung gesetzt habe, meinen Führerschein zurück zu bekommen, halte ich diesen nun wieder in meinen Händen. Meiner großen Leidenschaft für Oldtimer steht also nichts mehr im Wege. Auf der Arbeit werde ich ebenso schon erwartet, meine Kollegen haben mich die ganze Zeit über unterstützt. Auch meine Töchter haben mir viel Kraft in dieser Zeit gegeben, und unser Kontakt hat sich intensiviert.

In Zukunft möchte ich etwas kürzer treten. Ich möchte mehr auf meinen Körper und mich achten. Dazu gehört auch, das Rauchen aufzuhören. Ebenso möchte ich weiter an meiner Kondition arbeiten und mich gleich nach Abschluss meines Reha-Aufenthaltes bei einem Fitnessstudio anmelden. Mein Unfall hat mir gezeigt, dass ich den Alltag mehr genießen muss und nicht versuchen sollte, immer allen alles recht zu machen. Ich bin mir wieder selbst wichtig geworden.

Anderen Patienten rate ich dazu, den inneren Schweinehund zu überwinden. Man muss die Reha annehmen und eine Chance darin sehen. Jede Therapie hat einen Sinn und eine Wirkung, man muss eben nur wollen. Ärzte, Schwestern und Therapeuten – einfach das ganze Personal hier ist wunderbar. Ich habe mich hier wirklich sehr wohl gefühlt und den Kontakt mit vielen verschiedenen Menschen sehr genossen.“

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