Der Hirninfarkt ist der häufigste Schlaganfall. Rund 80 Prozent der jährlich etwa 270.000 Schlaganfälle in Deutschland sind Hirninfarkte. Sie werden durch eine Verstopfung der Gefäße und einer daraus resultierenden Mangeldurchblutung des Gehirns hervorgerufen. Auslöser können Arteriosklerose, Embolien oder Thrombosen sein. Jeder Fall ist ein Notfall und muss in so kurzer Zeit wie möglich in einer Schlaganfall-Station, auch Stroke Unit genannt, behandelt werden. Mittlerweile gibt es Stroke Units in allen größeren Städten und Regionen.
Winfried Distler ist mit seiner Frau und ein paar Freunden beim Bergwandern, als er plötzlich starke Kopfschmerzen bekommt. Innerhalb weniger Minuten werden die Kopfschmerzen immer schlimmer, seine linke Seite kann er nicht richtig bewegen, Arme und Beine werden ganz steif, auch das Sprechen will ihm nicht mehr so richtig gelingen. Eine Freundin erkennt die Anzeichen sofort. Der Hobbyfotograf wird aufgrund einer akuten Hirnblutung mit dem Hubschrauber der Bergrettung in die Uniklinik nach Innsbruck gebracht und noch am selben Tag operiert.
„In der Uniklinik in Innsbruck wurde der Verdacht auf eine Hirnblutung bestätigt und ich wurde noch am selben Tag operiert. Nach dem Eingriff lag ich drei Tage lang im Koma, jedoch kann ich mich an diese Zeit nicht erinnern. Als ich dann wieder langsam zu mir kam, war meine linke Seite vollkommen gelähmt. Stehen, Gehen, Sprechen, Greifen. Alle diese Dinge, welche mir bis zu diesem Tag so normal und selbstverständlich erschienen, waren verschwunden. Nichts davon konnte ich alleine machen, ich war rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen. Ein paar Tage später hatte sich mein Gesundheitszustand zwar stabilisiert, die Lähmung aber blieb. Am 15. Juni 2016 kam ich dann in die Kliniken Schmieder nach Gerlingen und begann meine Rehabilitation in der Phase C.
Die erste Zeit der Rehabilitation war sehr schwer für mich. Die Ereignisse der vorherigen Wochen, die neue Umgebung, die Ungewissheit, ob ich nun für immer gelähmt bleibe, haben mich sehr mitgenommen. Als gelernter Messtechniker braucht man doch beide Hände, und zwar voll funktionsfähig. Mein ganzes Leben wurde plötzlich auf den Kopf gestellt und ich war verzweifelt. Gleichzeitig war ich aber auch dankbar. Dankbar dafür, dass ich noch lebte, dass ich in die Schmieder Klinik verlegt wurde, welche nah an meinem Wohnplatz liegt, und für die Chance, eine Reha zu machen und mich zurück ins Leben zu kämpfen.
Alles, was ich gebraucht habe und immer noch brauche um die Folgen meiner Hirnblutung zu bekämpfen, bekomme ich hier in der Klinik. Den eisernen Willen und das Durchhaltevermögen musste ich selbst mitbringen. Die Therapien sind anstrengend und man wird jedes Mal aufs Neue bis an seine Grenzen gebracht, doch Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit machen sich bezahlt. Nach ungefähr drei Wochen konnte ich meine ersten Schritte machen. Dieser Erfolg war die größte Motivation für mich weiter zu machen. Der Moment, in dem ich meiner Frau gezeigt habe, dass ich wieder selbstständig ein paar Schritte machen kann, ganz ohne Hilfe, war einer der größten Momente meines Lebens.
In der Physiotherapie machte ich große Fortschritte und gerade deshalb wurde sie zu meiner Lieblingstherapie. Erfolg treibt einen eben an. In Gruppentherapien konnte ich mich mit anderen austauschen und vergleichen. Wenn anderen Patienten auffällt, dass man heute etwas geschafft hat was man gestern noch nicht konnte und dafür ein Lob von ihnen erhält, steigert das das Selbstwertgefühl unheimlich. Auf der anderen Seite gibt es Kraft andere Patienten voranzutreiben, wenn diese gerade motivationslos sind. Wir haben uns immer wieder alle gegenseitig geholfen.
Neben der Physiotherapie bekomme ich noch viele andere Therapien, unter anderem Logopädie, um meine Sprachfähigkeiten weiter zu verbessern und Ergotherapie, da mein linker Arm immer noch gelähmt ist. Mein nächstes Ziel ist, ihn wieder bewegen zu können und ich bin mir sicher, dass ich auch dies schaffe. Man darf einfach niemals aufgeben.
Vielleicht schaffe ich es ja irgendwann wieder in meinen Beruf einzusteigen, oder eine neue Richtung innerhalb meines Berufsfeldes einzuschlagen. Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Auf jeden Fall möchte ich wieder fotografieren und Vespa fahren, das sind die Dinge welche mir vor meiner Krankheit so viel Spaß gemacht haben. Mein größter Wunsch ist es wieder so fit zu werden, dass ich in Südafrika mit weißen Haien tauchen und sie dabei fotografieren kann. Bis ich dieses Ziel erreiche, habe ich noch einen langen und harten Weg vor mir, aber ich werde nicht aufgeben und meine Wünsche auch weiterhin zielstrebig verfolgen.
Anderen Menschen mit einem ähnlichen Schicksal kann ich nur dasselbe raten. Man muss einfach durchhalten und weiter machen, auch wenn man motivationslos ist und glaubt keine Kraft mehr zu haben. Man muss die Therapien als Chance sehen. Sobald der erste kleine Fortschritt erreicht ist, und dieser muss früher oder später kommen, fühlt man sich wie neu geboren und bekommt ganz viel Energie um weiter zu machen. Niemals aufgeben!“